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Stummfilm und Pianotour

In den frühen Jahren des Kinos, als die Bilder bereits laufen, aber noch nicht sprechen gelernt hatten, gehörte der Pianist samt Piano zum festen Inventar der meisten Lichtspielhäuser. Wirklich stumm war die Stummfilmzeit nie. Vielmehr verschmolzen Film und Livemusik zu einem ganz besonderen sinnlichen Happening. Auch heute noch entsteht durch die Verbindung von Klaviermusik und der fast pantomimischen Schauspielkunst dieser frühen Kinoepoche ein ganz besonderer Zauber.

 

Nachdem wir bereits im Vorjahr für einige Veranstaltungen gemeinsam mit einem Pianisten durchs Land gefahren waren und dabei bezaubernde und unvergessliche Kinomomente erleben durften, haben wir 2012 unser Stummfilm mit Livemusik Projekt etwas größer angelegt. Von Oktober bis Dezember hieß es in neun unserer Partnergemeinden „Vorhang auf“ für einen der größten Klassiker der Stummfilmzeit: Charlie Chaplins „Modern Times“ live am Klavier begleitet von Bernhard „Böny“ Birk.

 

Zusätzlich haben wir in den meisten Gemeinden ein Kurzfilmprogramm mit den ersten Micky Maus Filmen der späten 20er Jahre angeboten, das ebenfalls von Herrn Birk, unter reger Beteiligung des Publikums, musikalisch begleitet wurde. Die kleinen und großen Besucher konnten sich bekannte Melodien wünschen, die in die Klavierbegleitung einfließen sollten und sich mit Hilfe von allerlei Lärm erzeugendem Krimskrams als Geräuschemacher an der Vertonung der Kurzfilme beteiligen.

 

Auch 85 Jahre nach ihrer Erstaufführung verbreiteten diese wunderbar kauzigen und skurrilen ersten Auftritte der berühmtesten Maus der Welt jede Menge Spaß. Darüber hinaus wird Film – und vor allem die Rolle von Geräuschen und Musik im Film – sehr viel bewusster wahrgenommen wenn man auf die Vertonung aktiv Einfluss nehmen kann. Es war faszinierend zu sehen, wie konzentriert ein Film von Kindern verfolgt wird, wenn sie ihre Wunschmelodien erkennen und mit Hupen, Töpfen und Kochlöffeln in den Händen auf ihre Einsätze warten.

 

Solche Veranstaltung stehen und fallen natürlich mit dem Pianisten und es war ein großes Glück und eine ebenso große Freude gemeinsam mit Herrn Birk durchs Land zu tingeln. Als studierter Jazzer und Schulmusiker ist Herr Birk ein Pianist, der sowohl für das Abendprogramm als auch für die Kindervorstellungen immer den richtigen Ton trifft. Vor allem seine jahrelange Erfahrung als Pianist für Improvisationstheater hat ihm das Rüstzeug mitgegeben das ein Stummfilmmusiker braucht: Ein großes und buntes Repertoire, die Fähigkeit bekannte Melodien aus dem Stehgreif zu improvisieren, musikalische Stimmungen zu erzeugen und Pointen zu setzen.

 

So kamen im Herbst 2012 etwa 200 Erwachsene und 60 Kinder in den Genuss einer außergewöhnlichen musikalisch-cineastischen Zeitreise. An einigen Orten hätten wir uns sicherlich mehr Publikum gewünscht, aber die leuchtenden Gesichter und das euphorische Feedback derer, die da waren, hat uns dennoch ermutigt, weitere Projekte in dieser Art auf die Beine zu stellen.